§ 265a StGB – Erschleichen von Leistungen |
- 265a StGB – Erschleichen von Leistungen
(1) Wer die Leistung eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
Zweck der Vorschrift |
Die Vorschrift geht im wesentlichen auf ein Gesetz vom 28.6.1935 zurück. Mit ihrer sollten Lücken bei der Anwendung des § 263 StGB geschlossen werden. Damaliger Anlass war der Missbrauch automatischer Münzfernsprecher. Dieser war nach Auffassung des Reichsgerichts zum Teil weder gem. § 248c StGB (Entziehung elektrischer Energie), noch als Betrug gem. § 263 StGB strafbar. (RGSt 68, 65). Ausserdem waren im Rahmen des Betruges Probleme bei den Tatbestandsmerkmalen der Täuschung und des Irrtums im Zusammenhang mit der Erschleichung von Massenleistungen aufgetreten (RGSt 42, 40).
Die Vorschrift wurde bereits mehrfach geändert, zuletzt durch Art. 2 des Begleitgesetzes zum Telekommunikationsgesetz. Die Regelung dient als Auffangtatbestand zum Betrug.
Geschütztes Rechtsgut |
Geschütztes Rechtsgut ist wie beim Betrug das Vermögen. Wegen des Charakters als Auffangtatbestand zu § 263 StGB bemüht man sich – wie bei § 263a StGB – um eine betrugsnahe Auslegung. Insgesamt gibt es vier Vermögensnachteile, auf die sich das Erschleichen einer Leistung beziehen kann. Dies sind:
- die Leistung eines Automaten
- die Leistung eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes
- die Beförderung durch ein Verkehrsmittel
- den Zutritt zu einer Veranstaltung oder Einrichtung
Insbesondere die Alternative des Erschleichens der Beförderung durch ein öffentliches Verkehrsmittel (Schwarzfahren) hat immer wieder zu heftigen Streitigkeiten geführt. Vereinzelt wurde vorgeschlagen, die Vorschrift insgesamt abzuschaffen (Sieber bei den Verhandlungen zum 2. WiKG). Andere verlangten, dass eine Entkriminalisierung des Schwarzfahrens erfolgen sollte, und das Schwarzfahren somit nur noch als Ordnungswidrigkeit zu behandeln sein sollte. Auch diese Bestrebungen haben jedoch keinen Eingang in das Gesetz gefunden.
In der Praxis ist der § 265a StGB daher kein Computerdelikt, sondern in der Form des „Schwarzfahrens“ ein Allerweltsdelikt geworden. Da insbesondere Junkies mit vermehrten Schwarzfahrten auffallen, könnte man auch von einem „Drogendelikt“ sprechen.
Insgesamt ist die Vorschrift unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten kontraproduktiv und schädlich. In der Praxis findet man immer wieder Inhaftierte in deutschen Justizvollzugsanstalten, die fast ausschließlich wegen Schwarzfahren und somit § 265a StGB aufgefallen sind. Zumeist handelt es sich um sozial benachteiligte Personen. Bedenkt man, dass ein Tag in Haft derzeit ca. 100 € pro Häftling kostet und nimmt man beispielsweise eine Haftdauer von 6 Monaten an (bei wiederholter Verurteilung wegen Schwarzfahren keine Seltenheit), so ergibt eine grobe Rechnung 100 € x 30 Tage x 6 Monate Gesamtkosten des Haftaufenthalts von 18.000 € (ohne Kosten des Gerichtsverfahrens etc.). Demgegenüber könnte dieselbe Person (unterstellt ein Einzelfahrschein kostet ca. 2 €) mindestens 9.000 mal ÖPNV fahren. Zwei Fahrten pro Tag unterstellt somit 4.500 Tage lang. Also mehr als 12 Jahre. Unterstellt eine Monatskarte kostet 50 € wären es sogar 30 Jahre. Mit anderen Worten käme es den Steuerzahler günstiger, die Person würde einfach ihr ganzes Leben schwarzfahren, ohne bestraft zu werden!