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IuKDG und MDStV

Das Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz

1996 verständigten sich Bund und Länder darüber, einen zentralen, einheitlichen Rechtsrahmen für die nationalen Information und Kommunikationsdienste zu schaffen. Das Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz (IuKDG) wurde am 13. Juni 1997 verabschiedet. Aufgrund konkurrierender Gesetzgebungskompetenz wurde das Gesetz flankiert von dem am 1. August 1997 in Kraft getretenen Mediendienstestaatsvertrag der Länder (MDStV). Wichtigster Bestandteil des IuKDG ist dabei das in Art. 1 IuKDG normierte Gesetz über die Nutzung von Telediensten (Teledienstegesetz-TDG). Im Teledienstegesetz wird in § 5 die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Dienstanbietern im Internet geregelt. Darüber hinaus wurden in Art. 4 Informations- und Kommunikationsdienstegesetz wichtige Änderungen an Vorschriften des Strafgesetzbuches vorgenommen.

1. § 11 Abs. 3 StGB – Schriftenbegriff

Die Definitionsvorschrift des § 11 StGB, auf die viele im StGB normierte Straftatbestände verweisen, wurde damit in Bezug auf die modernen Kommunikationsformen an die Rechtswirklichkeit angepasst. Während zuvor unter dem Begriff Schriften nur Ton-, Bildträger, Abbildungen und andere Darstellungen verstanden wurden, wurde durch das Informations- und Kommunikationsdienstegesetz der Begriff des Datentspeichers hinzugefügt. Zuvor war zweifelhaft, ob Daten unter dem Schriftenbegriff zu verstehen waren. Dennoch war mit der herrschenden Meinung für den Begriff der Schriften kennzeichnend, dass ein geistiger Sinngehalt stofflich verkörpert wird. An dieser stofflichen Verkörperung fehlte es aber bei Daten. Daher wurde eine Subsumtion von Daten unter den Schriftenbegriff des § 11 StGB zuvor abgelehnt. Mit dem Hinzufügen des Begriffs „Datenträger“ in die Vorschrift des § 11 StGB ist nunmehr klargestellt, dass unter den Schriftenbegriff auch (nicht körperliche) Daten (Datenträger, Magnetbänder, Festplatten, CD-ROMs) fallen. Dabei spielt die Art der Wahrnehmbarmachung dieser Daten keine Rolle (mehr). Auch temporäre Speicher (Arbeitsspeicher, RAM) werden vom Begriff des Datenträgers erfasst. Wie zuvor nicht unter den Schriftenbegriff subsumierbar sind jedoch unmittelbar bzw. in Echtzeit ?bermittelte Daten.

2. § 86 Abs. 1 StGB – Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen

Auch diese Vorschrift musste geändert werden, da zuvor nach herrschenden Meinung ein Verbreiten im Sinne der Vorschrift erforderte, dass ein Schriftstück oder eine vergleichbare Darstellung körperlich einem grösseren Personenkreis zugänglich gemacht werden musste. Erforderlich war danach eine Weitergabe der verfassungsfeindlichen Propaganda nicht nur ihrem Inhalt nach, vielmehr musste gleichzeitig einer Weitergabe in Form eines verkörperten Gegenstandes vorliegen. Da eine körperliche Weitergabe, wie bereits oben angesprochen, im Rahmen der Datenübertragung nicht gegeben ist, war das Anbieten von Propagandatexten und Bildern per E-Mail oder Internet nicht unter die Vorschrift des § 86 StGB zu subsumieren. Daher wurde die Vorschrift um die Tathandlungsalternative „oder in Datenspeichern öffentlich zugänglich machen“ ergänzt. Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht es daher für ein Zugänglichmachen bereits aus, wenn die blosse Zugriffsmöglichkeit auf eine im Internet vorhandene Datei geschaffen wird. Ein konkreter tatsächlicher Zugriff muss nicht mehr erfolgen.

3. § 184 Abs. 4 und Abs. 5 StGB – Verbreitung pornografischer Schriften

Die Änderungen bei dieser Vorschrift stehen erst auf den zweiten Blick im Zusammenhang mit der modernen technischen Kommunikation und Datenverarbeitung. Die Vorschrift wurde in der Weise ergänzt, dass nicht mehr nur die Wiedergabe eines tatsächlichen Geschehens eine Strafbarkeit des Täters begründet, sondern bereits die Wiedergabe eines wirklichkeitsnahen Geschehens ausreicht. Nach der alten Fassung war diese sogenannte „fiktive Pornografie“ (beispielsweise eine Fotomontage) nicht strafbar. Da die rasante technische Entwicklung im Bereich der Bildbearbeitung die Unterscheidung zwischen Original und Fälschung mitunter fast unmöglich macht, musste daher auch diese Vorschrift erweitert werden.