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Keine Kriminelle Vereinigung bei Bagatelldelikten

Entscheidung des BGH 3 StR 86/16

Wenn sich mehrere Personen zusammenschließen, um gemeinsam (auch) Straftaten zu begehen, liegt häufig die Gründung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB nahe. Der BGH hat in seinem Beschluss vom 22. Februar 1995 aber klargestellt, dass nicht die Begehung jeglicher Straftaten eine Einstufung einer Personengruppe als kriminell rechtfertigt. Eine Strafbarkeit wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung liegt nur dann vor, wenn die begangenen bzw. geplanten Straftaten der Mitglieder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit bedeuten. Bagatelldelikte scheiden daher aus.

Geringfügige Sachbeschädigungen reichen nicht aus

Der BGH führt in seiner Entscheidung aus:

„Indes begründet – unabhängig von § 129 Abs. 2 Nr. 2 StGB – nicht schon die Ausrichtung der Vereinigung auf die Begehung jeglicher beliebiger Straftaten deren Einstufung als kriminelle im Sinne des § 129 Abs. 1 StGB. Vielmehr gebietet der Schutzzweck der Norm eine Einschränkung. Mit § 129 Abs. 1 StGB soll im Sinne einer Vorverlagerung des Rechtsgüterschutzes allein den erhöhten Gefahren begegnet werden, die im Falle der Planung und Begehung von Straftaten durch festgefügte Organisationen aufgrund der ihnen innewohnenden Eigendynamik für die öffentliche Sicherheit ausgehen. Daran gemessen ist die Vorschrift, nicht zuletzt auch im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und wegen der Bedeutung des Vergehens nach § 129 Abs. 1 StGB als Katalogtat für besondere strafprozessuale Maßnahmen (etwa § 98a Abs. 1 Nr. 2, § 110a Abs. 1 Nr. 2 StPO i.V.m. §§ 74a, 120 GVG, § 100a
Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d StPO), nur anwendbar, wenn die begangenen und/oder geplanten Straftaten der Mitglieder eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit bedeuten, wenn sie somit unter diesem Blickwinkel
von einigem Gewicht sind. Dabei wird die Beurteilung, ob es sich im dargelegten Sinn um Delikte von einigem Gewicht handelt, nicht allein von einer an den abstrakten Strafdrohungen ausgerichteten Betrachtung bestimmt. Maßgeblich ist vielmehr eine Gesamtwürdigung der begangenen und/oder geplanten Straftaten unter Einbeziehung aller Umstände, die, wie insbesondere auch die Tatauswirkungen, für das Maß der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit von Bedeutung sein können (vgl. zu allem BGH, 3 StR 583/94, BGHSt 41, 47, 50 f. mwN).“ (vgl. BGH 3 StR 86/16)

Bei den Sachbeschädigungen handelte es sich im entschiedenen Fall um Sprüh-, Plakat- und Aufkleberaktionen von politisch aktiven Menschen, die jede für sich betrachtet (nur) den Tatbestand des § 303 StGB erfüllten.

Fazit

Sollten Sie wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung oder wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung oder wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung verdächtigt werden, sollten Sie unbedingt fachlichen Rat eines qualifizierten Strafverteidigers suchen. Politisch aktive Menschen die auf ihr Anliegen aufmerksam machen wollen, bewegen sich oft am Rande der Legalität, da selbst das Aufkleben eines Aufklebers ggf. eine Sachbeschädigung darstellen kann. Während Sachbeschädigung oft nur mit einer (kleinen) Geldstrafe bestraft wird, drohen im Fall einer Verurteilung als Mitglied einer kriminellen Vereinigung neben einer Freiheitsstrafe auch die soziale Stigmatisierung als organisiert agierender „Krimineller“.

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